Vater oder Chef - Wie man in Familienunternehmen den richtigen Ton trifft

VATER oder Chef

wie man in familienunternehmen den richtigen ton trifft

Wenn die Grenzen zwischen Familie und Beruf verschwimmen, kann die Kommunikation zur Herausforderung werden. Was im Wohnzimmer völlig normal klingt, kann im Konferenzraum Gefühle verletzen. Ein Dilemma mit hohem Konfliktpotenzial.

In einer Familie und in einem Unternehmen sind die Rollen einzelner Personen unterschiedlich verteilt. Die taffe Managerin ist zuhause die liebevolle Mutter, der penible Geschäftsführer gleichzeitig der entspannte Vater und der stets zuverlässige Kollege nach Feierabend der alberne Bruder. Wenn Familie und Unternehmen zusammenfallen, sind diese Rollen nicht mehr klar voneinander getrennt. Für das Funktionieren der beiden Systeme, ist die Trennung der Rollen allerdings sehr wichtig. Die Art der Kommunikation spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle.

 

Während in einer Familie meist ein lockerer Umgangston herrscht und die Kommunikation auf Zuruf funktioniert, gibt es in einem Unternehmen strukturierte Kommunikationsabläufe und oftmals eine gewisse Hierarchie. Werden die Regeln der beiden Sphären nicht berücksichtigt, können Gefühle schnell verletzt und Erwartungen enttäuscht werden. Dies ist weder für das Unternehmen noch für die Familie zielführend.

 

„Kannst du mal eben…?“

 

Wann der Tonfall oder der Kommunikationsmodus falsch oder unangemessen ist, hängt von der jeweiligen Situation sowie vom individuellen Empfinden der Beteiligten ab. Dies kann von Person zu Person sehr unterschiedlich ausfallen. Jedoch kommt es erfahrungsgemäß dann zu Problemen, wenn innerfamiliäre Kommunikationsmuster in das Unternehmen getragen werden. Eine Äußerung, die zuhause als völlig normal gilt, kann im Büro als kränkend empfunden werden. Um diese Diskrepanz zu illustrieren, wird in der Fachliteratur häufig folgendes Beispiel zitiert: Während einer Firmenbesprechung in einem Familienunternehmen reicht der Firmenchef seiner Gesellschafterin, die gleichzeitig seine Tochter ist, seine Lesebrille mit den Worten: „Kannst Du die mal eben für mich putzen?“ Diese Frage würde zuhause im Wohnzimmer nicht weiter stören, klingt aber völlig unpassend, wenn sie im Konferenzraum an eine Mitarbeiterin gerichtet ist. Der Chef spricht hier nicht die Gesellschafterin des Unternehmens als respektierte, gleichwertige Mitarbeiterin an, sondern er bedient sich des gewohnten, innerfamiliären Kommunikationsmusters. Er spricht seine Tochter an, so, wie er es auch zuhause tun würde. Er hätte wohl kaum eine andere, mit ihm nicht verwandte Mitarbeiterin um Ähnliches gebeten.

 

 

Bei der Tochter kann diese Bemerkung eine Reihe von negativen Emotionen auslösen: Enttäuschung, vom Vater nicht als gleichwertige Mitarbeiterin wahrgenommen zu werden. Wut, sich dies gefallen lassen zu müssen. Scham, vor den Augen anderer Mitarbeitern, zur Tochter „degradiert“ zu werden. Gerade als junges Unternehmensmitglied, das sich vor langjährigen Mitarbeitern behaupten muss, kann eine derartige Äußerung schnell verunsichern.

 

Problemlösung

 

In vielen Fällen ist nicht allen beteiligten Parteien gleichermaßen bewusst, dass die praktizierten Kommunikationsmuster ein Problem darstellen. Der Vater im oben zitierten Beispiel hat möglicherweise keine bösen Hintergedanken, als er seine Äußerung tätigt und weiß überhaupt nicht, welche Emotionen er bei seiner Tochter damit auslöst. Also ist der erste Schritt in Richtung Problemlösung häufig zunächst einmal die Aufklärung darüber, dass es überhaupt ein Problem gibt. Es ist wichtig, für dieses aufklärende Gespräch einen neutralen Ort und einen ruhigen, emotional entspannten Moment zu wählen. Diese Vorkehrung verringert die Chancen, dass das Gespräch entgleitet und in einen Streit mündet. In dem Gespräch erklärt nun die betroffene Person sachlich, welches Kommunikationsverhalten negative Emotionen auslöst und welche Veränderungen gewünscht sind. Im Idealfall lassen sich in einem offenen Gespräch bereits viele Probleme klären. Um Konflikte dieser Art in Zukunft zu vermeiden, kann es hilfreich sein, gemeinsam ein Set an firmeninternen „Kommunikationsregeln“ auszuarbeiten, denen alle Beteiligten zustimmen.

 

Professionelle Hilfe durch Mediatoren

  

Eine reibungslose Problemlösung ist jedoch nicht immer der Fall. Nicht selten kommt es vor, dass die Beteiligten bei ihrem Gegenüber auf Unverständnis stoßen und eine sachliche Unterhaltung über das Thema nicht möglich ist. Oft stellen Faktoren wie Alters- oder Generationenunterschiede sowie innerfamiliäre Spannungen zusätzliche Herausforderungen dar. In diesem Fall ist es ratsam, die professionelle Hilfe eines Mediators oder einer Mediatorin in Anspruch zu nehmen. Mediatoren sind geschult, schwierige Gespräche ruhig und sachlich zu leiten. Mittels professioneller  Kommunikationstechniken können sie als neutraler Pol zwischen den Parteien vermitteln und dabei für alle Beteiligten das Beste aus der Situation herausholen. Mediatoren können außerdem helfen, Strategien für die Kommunikation innerhalb des Unternehmens zu erarbeiten. Diese Strategien helfen dabei, Familie und Unternehmen klarer voneinander zu trennen und sorgen für ein harmonisches Klima in beiden Sphären.